Open Access goes Barcamp, Teil 1: Ein neuer Vernetzungspunkt der Open-Access-Community

von Hannah Schneider (KIM), Maximilian Heber (KIM) und Andreas Kirchner (KIM)

Das erste Open Access Barcamp fand am 22. und 23. April 2021 pandemiebedingt in einem virtuellen Setting statt – dieses ungewöhnliche Format stieß jedoch auf große Begeisterung bei den etwa 80 Teilnehmer:innen. Jeweils von 9:00 bis 14:30 Uhr widmeten sie sich einem selbst zusammengestellten, abwechslungsreichen Programm und diskutierten dabei rege über Open-Access-Themen.

Neben den jährlich stattfindenden Open-Access-Tagen als zentrale deutschsprachige Konferenz zum Thema Open Access bot nun auch das diesjährige vom Kommunikations-, Informations-, Medienzentrum (KIM) der Universität Konstanz veranstaltete Open Access Barcamp der Community die Möglichkeit, miteinander in Austausch zu treten, sich zu vernetzen und voneinander zu lernen. Das Format Barcamp ist im Vergleich zu klassischen Konferenzen offener konzipiert und verzichtet auf ein vorgegebenes Programm. Stattdessen können die Teilnehmenden Themen vorschlagen und Sessions zu selbst gewählten Fragestellungen halten. So wird erreicht, dass sich alle zu den für sie spannenden Inhalten austauschen können.

Screenshot: Session-Voting (CC BY 4.0)

Großes Interesse an rechtlichen Themen

Im Rahmen der Sessionplanung wurde deutlich, dass sich die Open-Access-Community aktuell mit sehr vielfältigen Themen beschäftigt.

Die große Mehrheit der Teilnehmenden war an rechtlichen Themen interessiert. Im Rahmen einer Session wurde ein Workshop zu Rechtsfragen in der Open-Access-Beratung gehalten, in dem drei parallel arbeitende Gruppen zwei typische Beratungsfälle bearbeiteten. Im ersten Fall ging es darum, einen Verlagsvertrag kritisch zu beurteilen. Zur Sprache kam dabei, dass solche Verträge Probleme wie erhebliche Kostenrisiken oder eine restriktive Rechteübertragung mit sich bringen können. Im Hinblick auf Serviceangebote wurde besprochen, wie man diese Störfaktoren erkennt und wie man in einem solchen Fall beraterisch vorgehen könnte. Im zweiten Fall wurde das Thema Bildrechte besprochen. Dabei wurde thematisiert, wer die Rechte an einem Bild hat, wie das Zitatrecht hier greift und wie Bildrechte in einem Verlagsvertrag geregelt werden.

In einer Session zu Creative-Commons-Lizenzen entstand außerdem eine intensive Diskussion darüber, inwieweit sich diese für Open-Access-Bücher eignen. Kritisch wurde dabei am Beispiel des Verlags Saint Philip Street Press der Aspekt besprochen, dass Verlage ein Open-Access-Buch nochmals veröffentlichen, da offene Lizenzen die Nachnutzung und Bearbeitung der Werke zulassen. Dieses Problem, so war man sich einig, stellt sich jedoch nicht nur bei Büchern, sondern bei sämtlichen Werken mit offenen Lizenzen. Die Runde kam zu dem Fazit, dass Ehrlichkeit und Transparenz bei der Open-Access-Beratung trotz dieses Umstands wichtig sind: „Wir sind keine Verkäufer:innen, wir wollen den Wissenschaftler:innen weiterhelfen”.

Austausch über die Gestaltung von Zweitveröffentlichungsservices

Auch das Thema Zweitveröffentlichung nahm aufgrund des sehr großen Interesses vonseiten der Barcamp-Teilnehmenden viel Raum ein. Daher kamen Praktiker:innen zu einer großen Austauschrunde zusammen, die sich mit der konkreten Umsetzung von Zweitveröffentlichungsservices befasste. Dabei wurde nicht nur besprochen, welche Services Einrichtungen zum grünen Open Access anbieten, sondern auch, wie diese technisch, organisatorisch und rechtlich umgesetzt werden (können). Gemeinsam wurden Herausforderungen im täglichen Umgang mit Zweitveröffentlichungen diskutiert, wie automatisierte Importe, Verlagsanfragen oder rechtliche Prüfungen. Als Lösungsansätze wurden beispielsweise Google Scholar Alerts, Datenimporte aus dem Web of Science und die Integration von Sherpa Romeo in das institutionelle Repositorium genannt. Auch der Umfang von Zweitveröffentlichungsservices für Wissenschaftler:innen in den einzelnen Institutionen wurde angesprochen. Dabei wurde deutlich, dass sich die Einrichtungen sehr stark in ihren Aktivitäten, aber auch in ihren Kapazitäten unterscheiden.

Publikationsdaten-Management und Gründung einer digitalen Fokusgruppe

Des Weiteren wurde darüber gesprochen, wie das Publikationsdaten-Management in den verschiedenen institutionellen Repositorien umgesetzt wird. Hier wurden beispielsweise der Open-Access-Monitor des Forschungszentrums Jülich zur Messung des Publikationsaufkommens genannt, aber auch das Problem, dass Metadaten sehr uneinheitlich eingesetzt werden und gegebenenfalls händisch nachgetragen werden müssen. Die Diskussion zum Thema Zweitveröffentlichung wurde nach der Session weiter vertieft und mündete schließlich in der Gründung einer neuen digitalen Fokusgruppe.

Screenshot: Session-Raum in gather.town (CC BY 4.0)

Auch eine Diskussion zu Unterstützungsmöglichkeiten von Diamond Open Access sowie der Austausch zur Open Access Advocacy und zum Bewerben von Open-Access-Angeboten an der eigenen Einrichtung lockten viele Personen in die Session-Räume. Dass die Open-Access-Community auch an übergreifenden Open-Science-Themen interessiert ist, zeigten die Sessions zur Publikation von Forschungsdaten und zur Weiterentwicklung bestehender Open Access Policies hin zu geeigneten Open Science Policies. Zudem wurden technische Perspektiven auf Publikationssoftwares beleuchtet und Anforderungen an solche diskutiert.

Schwarmwissen zur Weiterentwicklung der Informationsplattform

Des Weiteren wurde das Schwarmwissen der Teilnehmenden genutzt, um Anregungen aus der Community für die Weiterentwicklung der Informationsplattform open-access.net hin zu einem Kompetenz- und Vernetzungsportal einzuholen. Zu diesem Zweck wurde nicht nur ermittelt, wie die aktuelle Seite genutzt wird, sondern auch, welche Ansprüche und Erwartungen an ein Kompetenz- und Vernetzungsportal gestellt werden. Genannt wurden hier unter anderem die Bereitstellung von Materialien zur Unterstützung von Open-Access-Beratungsfällen sowie eine übersichtlichere und intuitivere Seitenstruktur. Diese und andere Impulse werden in die Weiterentwicklung der Website einfließen.

Spezielle Publikationsthemen diskutiert

Darüber hinaus wurden konkrete Publikationsthemen besprochen: So fand eine Session über den Gender Publication Gap im Open Access statt. Dabei wurde die generelle Frage nach Gender-Effekten in der Wissenschaft aufgegriffen und diskutiert, ob dieser Effekt durch Open Access verstärkt oder verringert werden könnte. Die Diskussion kam zu dem Ergebnis, dass dieses Thema sehr vielschichtig und die Datenlage dazu noch sehr dünn ist.

Kommunikation der Open-Access-Transformation

Außerdem wurde das Thema scholar-led Publishing im Bereich Open-Access-Bücher beleuchtet und dabei das Projekt COPIM vorgestellt. Auch das Thema Transformation wurde aufgegriffen, unter anderem in Hinblick darauf, wie das Projekt DEAL und die Open-Access-Transformation an der eigenen Einrichtung kommuniziert werden können. Als Herausforderungen wurden dabei die Umschichtung von Etats genannt sowie die Schwierigkeit, die Autor:innen davon zu überzeugen, bei DEAL-Publikationen stets die Open-Access-Option zu wählen. Aktive Kommunikation innerhalb von Fachreferaten und Gremien sowie Informationsmaterialien auf der Website sind dabei gegenwärtig die vielversprechendsten Methoden, konstatierte die Runde.

Screenshot: Zusammenarbeit und Mitschriften der Sessions auf MIRO (CC BY 4.0)

Vielfältige Austauschmöglichkeiten über die alltäglichen Herausforderungen von Open Access

Die flexible Gestaltung des Programms bot den Teilnehmenden des Open Access Barcamps vielseitige Möglichkeiten zum Austausch über aktuelle und alltägliche Open-Access-Themen. Sowohl in großen Sessionrunden als auch in kleineren Kreisen wurden alltägliche Herausforderungen und Fragestellungen im direkten Gespräch mit anderen Praktiker:innen besprochen.

Auch wenn, wie eingangs erwähnt, das Open Access Barcamp in einem virtuellen Setting stattfand, war die Bereitschaft der Teilnehmenden groß, sich aktiv einzubringen und die Veranstaltung mitzugestalten. Dabei war es uns als Organisationsteam wichtig, eine ansprechende virtuelle Umgebung zu schaffen, um den Austausch und die Vernetzung auch online zu ermöglichen. Welche Chancen und Herausforderungen die Planung einer so dynamischen Veranstaltung als Online-Format mit sich bringt, beschreiben wir im nächsten Blogpost. Seid gespannt!

Weitere Blogbeiträge zum Open Access Barcamp

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Über die Autor:innen:

Hannah Schneider ist Mitarbeiterin im Team Open Science am Kommunikations-, Informations-, Medienzentrum (KIM) der Universität Konstanz und wirkt am BMBF-geförderten Projekt open-access.network mit. Zu ihren Aufgaben gehören unter anderem die Organisation von Veranstaltungen sowie die redaktionelle Mitarbeit an der Website open-access.net.
Porträt: Hannah Schneider©

Andreas Kirchner ist Mitarbeiter im Team Open Science am Kommunikations-, Informations-, Medienzentrum (KIM) der Universität Konstanz und koordiniert gemeinsam mit Dr. Anja Oberländer das BMBF-geförderte Projekt open-access.network. Darüber hinaus ist er Vorstandsmitglied des Open-Access-Verlags meson press (Lüneburg) und der Non-Profit-Stiftung ScholarLed (Den Haag).
Porträt: Andreas Kirchner©

Maximilian Heber ist Mitarbeiter im Team Open Science am Kommunikations-, Informations-, Medienzentrum (KIM) der Universität Konstanz. Er wirkt dort am Projekt “open-access.network” mit.
Porträt: Maximilian Heber©

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